13.08.07 bis 18.08.07

Günstige Getriebereparatur
Zahn um Zahn sparen (1)
Getriebesalat: Wenn's hakt, muß nicht immer gleich ein Austauschteil her. Einige Spezialisten können das sensible Teil reparieren – für meist wesentlich weniger Geld.
Schaltgetriebe kaputt – austauschen? Das muß nicht unbedingt sein: Meist geht es billiger per Reparatur.


Es lebt im verborgenen, ist selbst bei geöffnetem Motorraum kaum zu erkennen, nur sein Bedienhebel ist stets sicht- und greifbar: das Getriebe, das wohl am meisten mißachtete und unverstandene Bauteil des Autos.

Schaltet es automatisch, wird ihm wenigstens bei der großen Wartung Aufmerksamkeit geschenkt: Dann und wann ist neues Öl fällig. Weil dieser Punkt häufig ignoriert wird, kommt es zu Schäden – die eine ganze Instandsetzer-Branche ernähren. Beim manuellen Getriebe hingegen hält die werkseitige Ölfüllung ewig. Laut Vorgabe jedenfalls. Warum also sollten wir uns um dieses Zahnrad- und Kugellager-Gewirr kümmern?

Weil der einigermaßen unwahrscheinliche Schadenfall mit Kosten verbunden ist, die denen eines neuen Motors bisweilen sehr nahe kommen können. Die Gelben Seiten halten kaum Einträge für entsprechende Spezialisten parat, die vielen Automatik-Fachleute winken meist ab. Bleibt der Gang zum Vertragshändler. Dessen einzige Lösung: ein Tauschaggregat für Tausende Euro. Weil eine Reparatur – sofern sie in seltenen Fällen überhaupt angeboten wird – eh teurer käme.

Genau das ist sehr häufig falsch. Denn es gibt durchaus Spezialisten für Schaltgetriebe. Meist kleine Firmen, die nichts anderes tun und trotzdem überwiegend ausgelastet sind. Weil die Preise ihrer Überholungen und Reparaturen praktisch immer deutlich unter denen der werkseitigen Tauschteile rangieren. Es ist eine rare Spezies, von Flächendeckung kann keine Rede sein. Deshalb arbeiten alle auch für überregionale Kunden, der Versand läuft per Spedition.

Diese Fachleute kennen ihre Pappenheimer: Getriebetypen, die chronisch an Ölmangel sterben. Welche, die vor den Belastungen des Auto-Alltags kapitulieren, weil sie zu schwach ausgelegt sind. Und solche, bei denen Konstruktionsmängel zum frühzeitigen Ableben führen. Wir besuchten den Getriebedienst Altona in Hamburg, einen der wenigen wirklichen Spezialbetriebe. Schauten den Fachleuten auf die Finger, ließen uns die üblichen Verdächtigen vorführen. Ein lehrreicher Job.

Nach der Fischräucherei, die das historische Gemäuer im Stadtteil Ottensen jahrzehntelang beherbergte, riecht es hier nicht mehr. Der süßlich-beißende Duft des Getriebeöls hat längst die Lufthoheit übernommen. Überall liegen stählerne Zahnräder und leichtmetallene Gehäuseteile herum. Eine seltsame Ordnung, die dem Laien wie ein Chaos vorkommt.

Dagegen makellos wie OP-Tische: die Werkbänke. Denn Sauberkeit hat bei der komplizierten Montage erste Priorität – Schaltgetriebe haben meist keine Ölfilter, die den Schmutz auffangen. Ein gutes Drittel der Arbeit macht deshalb die Reinigung der vielen Einzelteile aus. Das Reinigungsbad muß in alle Ecken dringen, den Schmutz lösen. Ohnehin ist die Arbeit nur etwas für höchst penible, fingerfertige Charaktere: "Ich bevorzuge Kfz-Mechaniker mit ein paar Semestern Chirurgie", scherzt Chef Volkmar Grünkorn.

Doch ganz so abwegig ist dies nicht. Die Begutachtung und Prüfung der Einzelteile verlangt nach einem erfahrenen Auge. "Wer das nicht draufhat, ersetzt schnell mal Teile, die noch keinerlei Verschleiß aufweisen – oder baut schadhafte wieder ein. Beides treibt die Kosten in die Höhe", weiß der Getriebe-Täter.

Was später seinen Betrieb verläßt, steht einem ebenfalls (allerdings werkseitig) erneuerten Austauschgetriebe vom Vertragshändler in nichts nach. "Der Kunde muß nur die kosmetischen Einbußen akzeptieren", sagt Grünkorn: "Eine hübsche Silberbronze-Lackierung ließe halt die Rechnung unschön aussehen." Dafür gibt es beim Getriebedienst Altona zwei Jahre volle Gewährleistung ohne Kilometerbegrenzung. Aufpreisfrei.

Schaltgetriebe-Instandsetzer in Deutschland
Firma (Spezialgebiet) Ort Telefon Internet
Urbanek
(nur ZF-Getriebe)
22047 Hamburg 0 40-
6 96 50 00
http://www.urbanek-zf.de/
Getriebedienst Altona 22765 Hamburg 0 40-
3 90 44 33
http://www.getriebedienst.de/
Voll (nur VW*) 27729 Lübberstedt 0 47 93-
14 83
http://www.voll-getriebe-service.de/
Autoservice Michel 38106 Braunschweig 05 31-
2 33 60 63
http://www.automatik-schaltgetriebe.de/
Trojanowski
(nur MB**)
44807 Bochum 02 34-
2 39 92 90
http://www.at-autoteile.de/
Etrag (nur VW*) 52068 Aachen 02 41-
90 25 66
http://www.etrag.de/
Erasmus & Willms 52078 Aachen 02 41-
93 87 00
http://www.austauschgetriebe.de/
AH am Airport
(nur VW*)
59439 Holzwickede 0 23 01-
1 27 10
http://www.autohaus-am-airport.de/
Hasanovic (nur Opel) 59955 Winterberg 0 29 81-
89 95 24
 
Motoren-Staab 67433 Neustadt/W. 0 63 21-
6 09 72
http://www.motorenstaab.de/
GAL Getriebetechnik 92648 Vohenstrauß 0 96 51-
9167 40
http://www.gal-getriebetechnik.de/
Auto Stanek 94060 Pocking 0 85 31-
9 05 80
http://www.auto-stanek.de/
Motor Power 99734 Nordhausen 0 36 31-
4 76 58 29
 
* einschließlich der VW-Konzernmarken Audi, Seat, Skoda; ** Mercedes-Benz

Die Ersatzteile werden ausschließlich bei Markenhändlern geholt – sofern sie dort verfügbar sind. Einige Hersteller, etwa BMW, Volvo und Porsche, verweigern nämlich bei einzelnen Modellen den Vertrieb der Komponenten, verkaufen lieber komplette Getriebe. Weitere, etwa Nissan, verzichten auf die Kennzeichnung des Getriebetyps – von dem es über 100 Ausführungen geben kann. Bei wiederum anderen hat der Mann am Verkaufstresen keine Chance, die Identifikationspunkte modellgerecht umzuschlüsseln. Und dann gibt es noch die à la Opel, die viele wichtige Teile so hoch auspreisen, daß eine Überholung unwirtschaftlich wird.

Diese Interna erfuhren wir bereits bei der Vorab-Recherche. Etwa von Stefan Rüdinger (www.getriebeteile.com [1], Tel. 07131/ 70 15 88), dem wohl einzigen spezialisierten Getriebeteile-Händler Deutschlands. In jahrelanger Detektivarbeit hat er herausgefunden, welche Teile anderer Marken – etwa von Renault bei Volvo-Getrieben – verwendbar sind. Selbst die, die kein Vertragspartner anbieten kann, hat er weitgehend im Programm.

Rüdinger und Grünkorn verteilen aber auch Lob. An VW zum Beispiel. Dort ist eine genaue Zuordung ohne Fahrgestellnummer möglich: anhand der Kennbuchstaben. Das ist allerdings nötig, denn einige VW-Schaltzentralen, die auch in vielen Audi, Seat und Skoda stecken, gelten als überaus anfällig. Wobei hier – wie bei Schaltgetrieben allgemein – meist gilt: Je eher eine Macke erkannt wird, desto günstiger die Reparatur. Denn dem ersten kleinen Schaden folgen gern weitere größere. Wie man sie erkennt, welche Getriebetypen welche spezifischen Probleme bereiten, wieviel Geld sich im einzelnen sparen läßt: Das steht gleich hier in Teil 2 [2].

Die Lebensdauer eines Schaltgetriebes hängt maßgeblich von dessen Behandlung ab. Wer die folgenden Tips der von uns befragten Spezialisten beachtet, kann die Wahrscheinlichkeit eines Schadens weitgehend reduzieren.

Die einzelnen Punkte, begonnen mit den wichtigsten: • Gelegentlich Öl wechseln: Praktisch kein Fahrzeughersteller schreibt bei Schaltgetrieben einen Schmierstofftausch vor, den Füllungen ist lebenslänglich verordnet. Allerdings kann – etwa durch eine Unterbodenwäsche – an der Entlüftung Wasser eindringen, was die Schmierfähigkeit verringert. Außerdem können winzige Leckagen über einen langen Zeitraum für erheblichen Ölmangel sorgen, der meist zum Exitus führt.

Der Wechsel, der oftmals weniger als 100 Euro kostet, sollte alle 60.000 bis 100.000 Kilometer erfolgen. Ölsorte: mindestens die gemäß Betriebsanleitung empfohlene, am besten aber Vollsynthetik-Mehrbereichsöl [3], falls freigegeben. Es verlängert die Lebensdauer und erhöht den Schaltkomfort. Wer nicht wechseln will, sollte alle 30.000 Kilometer den Ölstand kontrollieren. Heißt: Füllöffnung aufschrauben und bis zum Überlaufpegel nachgießen.

Keine ruppigen Lastwechsel: Spontan Vollgas, ruckartig lupfen, dann wieder per Gewalttritt alles geben: Das macht kein Getriebe lange mit. Selbst bei minimalem mechanischem Spiel leiden die Zahnräder und Wellen unter solchen harten Schlägen. Besser: sanfte Lastübergänge. • Vollständig auskuppeln: Zum Schalten muß das Getriebe entlastet sein. Das ist nicht gewährleistet, wenn die Kupplung nur halbherzig durchgetreten wird. Die logische Folge: stark beschleunigter Verschleiß.

Rückwärtsgang schonen: Meist das schwächste Glied: der R-Gang. Damit das Zahnbild lange erhalten bleibt, sollten spontane Lastwechsel wie Vollgasorgien vermieden werden. Wichtig: Auto vollständig stoppen, erst dann den Rückwärtsgang einlegen. • Gewaltverzicht beim Schalten: Schnelle, brutale Gangwechsel vertragen nur wenige Getriebe. Der sensiblen Synchronisation zuliebe gilt: vorherigen Gang raus, Hebel mit sanftem Druck an die nächste Fahrstufe legen, bis sie praktisch von selbst reinrutscht. Beim Wechsel der Schaltgasse (etwa vom zweiten zum dritten Gang) empfohlen: nicht den Hebel diagonal durchreißen, sondern der Z-Form der Kulisse folgen. • Ganghebel loslassen: Wer den Schaltknauf dauerhaft als Ruhekissen für die rechte Hand mißbraucht oder ihn sogar leichtem Druck aussetzt, belastet die Schaltgabeln und Zahnräder unnötig. Deshalb der Rat: Finger weg vom Ganghebel, solange nicht geschaltet wird.
Dieser Artikel stammt aus AUTO BILD 48/2005
Links in diesem Artikel:
[Artikel URL]: http://www.autobild.de/reparatur/autoreparatur/artikel.php?artikel_id=10315
[1]: http://www.getriebeteile.com
[2]: http://www.autobild.de/test/neuwagen/artikel.php?artikel_id=10353
[3]: http://www.autobild.de/test/zubehoer/artikel.php?artikel_id=1574